Ausgangspunkt: Spürbare Kaufzurückhaltung
Zahlreiche Faktoren haben insbesondere im Jahr 2023 dazu beigetragen, dass die Anzahl der Immobilienkäufe verglichen mit früheren Jahren deutlich zurückgegangen ist. Wesentliche Ursache hierfür ist ein im Verhältnis zur Niedrigzinspolitik der vergangenen Jahre deutlich gestiegenes Zinsniveau für Immobiliardarlehen bei gleichzeitig restriktiver Darlehensvergabe durch die Kreditinstitute. Erwerbsinteressenten hoffen entweder auf fallende Preise oder auf fallende Kreditzinsen und üben sich in Zurückhaltung.
Insbesondere wenn verkäuferseitig nicht mit einer raschen und substantiellen Änderung des Zinsniveaus gerechnet wird, kann es sich anbieten, dass Verkäufe von Immobilien dadurch ermöglicht werden, dass der Verkäufer dort als Darlehensgeber einspringt, wo eine Finanzierung zu den heutigen Bankkonditionen deutlich teurer wäre. Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass der Veräußerer – eine entsprechende Vertrauensbasis im Verhältnis zum Erwerber vorausgesetzt – die Möglichkeit eines Ratenzahlungskaufes in Erwägung zieht, und zwar unter der Voraussetzung der Leistung einer möglichst substantiellen Anzahlung.
Soweit das Haus oder die Wohnung mit noch valutierenden Grundschulden belastet ist, sollte die Anzahlung zumindest den Betrag der Restschuld zuzüglich der vom Veräußerer geschuldeten Vorfälligkeitsentschädigung erreichen. Ansonsten dürfte es äußerst schwierig werden, die Belange von Veräußerer, Bank und Käufer miteinander in Einklang zu bringen.
Wenn der Verkäufer keinen akuten Liquiditätsbedarf hat und generell dazu bereit ist, dem Käufer zur finanziellen Ermöglichung seines Erwerbs einen verzinslichen Kredit einzuräumen, steht am Anfang der Verhandlungen die Bildung einer soliden Vertrauensbasis zwischen den Vertragsparteien, zumal sich der Verkäufer in der Regel über Jahre hinweg an seinen Käufer als Kreditnehmer binden wird. Auf welche Weise und in welchem Umfang sich der Verkäufer Einblick in die Finanzen von Erwerbsinteressenten verschafft und ob deren Hausbanken auch ohne Gewährung eines Kredits eine qualifizierte Bonitätsauskunft zu erteilen bereit sind, ist eine Frage des Einzelfalls. Aus Verkäufersicht dürfte bei Abschluss eines Ratenzahlungskaufs der vom jeweiligen Erwerbsinteressenten gebotene Kaufpreis jedenfalls nicht allein maßgebliches Kriterium für die Auswahl des geeigneten Käufers sein. Seiner (mittel- und langfristigen) Finanzkraft kommt angesichts des beabsichtigten Dauerschuldverhältnisses eine ebenso maßgebliche Bedeutung zu.
Aus notarieller Sicht gibt ein Ratenzahlungskauf Anlass, den Kaufvertragsparteien ein Instrumentarium an Sicherungsmechanismen vorzuschlagen, welches von einem Standard-Kaufvertrag mit zeitnaher Zahlung des Gesamtkaufpreises maßgeblich abweicht, z.B. in Gestalt:
Der Vereinbarung eines solchen vertraglichen Rücktrittsrechts liegt die Annahme zugrunde, dass die Eigentumsumschreibung nicht erst nach Zahlung aller Raten, d.h. des Gesamtkaufpreises zuzüglich Zinsen, erfolgt, sondern bereits aufgrund der Zahlung der vereinbarten Anzahlung. Selbstverständlich geht dieser im Wege der Vorleistung des Verkäufers frühzeitig mögliche Eigentumsübergang mit Erschwernissen für den Verkäufer im Falle der Rückabwicklung einher. Jedoch gewährleistet die frühzeitige Eigentumsumschreibung, dass der Verkäufer zeitnah aus seiner Haftung für privatrechtliche Lasten (Hausgeld usw.) und öffentlich-rechtliche Abgaben (Grundsteuer usw.) befreit wird. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Ausübung des Rücktrittsrechts zwecks Rückübertragung der Immobilie häufig nur die zweitbeste Lösung für den Verkäufer sein dürfte, der „seine“ Immobilie in der Regel nicht für eine Zweitveräußerung zurückerhalten möchte – schlimmstenfalls zu zwischenzeitlich gefallenen Immobilienpreisen und/oder mit deutlicher Abnutzung seit Schlüsselübergabe an den Käufer. Besonderes Augenmerk sollte angesichts der jedem Ratenzahlungskauf immanenten Geschäftsrisiken daher auf die Zinshöhe sowie auf die Höhe der – nach Vorliegen der üblichen Fälligkeitsvoraussetzungen (insbesondere Eintragung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch usw.) – fälligen Anzahlung gelegt werden. Der Anzahlung kommt auch insoweit eine zentrale Rolle zu, als sie für den Fall der Rückabwicklung des Kaufvertrages den Grundstock derjenigen Mittel bildet, welche dem Verkäufer für die Zwecke seines gegen den Käufer gerichteten Schadensersatzanspruches unmittelbar zur Verfügung stehen.
Wie regelmäßig im Rahmen der notariellen Vertragsgestaltung verbieten sich auch beim Ratenzahlungskauf Standard-Lösungen. Bei der Höhe der Anzahlung, der Laufzeit des Ratenzahlungsdarlehens, der Zinshöhe, der Besicherungsmasse usw. handelt es sich stets um individuell zwischen den Kaufvertragsparteien zu treffende Lösungen, bei denen der Notar in juristischer Hinsicht beratend zur Seite steht, ohne in Hinblick auf seine Neutralität jedoch Vorgaben über die wirtschaftliche Ausgewogenheit der gewünschten Regelungen machen zu können. So wird die Höhe der Anzahlung nicht nur vom Sicherungs- und Liquiditätsinteresse des Verkäufers abhängen, sondern zugleich von der Finanzkraft des Käufers: je niedriger die Anzahlung, desto wichtiger dürfte dem Verkäufer eine effiziente Besicherung (ggf. auch auf anderen Immobilien des Käufers) sein und desto höher dürfte der vom Verkäufer geforderte Darlehenszins ausfallen. Überhaupt ist die Einigung über die Zinshöhe im heutigen tendenziell volatilen Umfeld delikat; soll dem Verkäufer als Privatperson für sein wirtschaftliches Risiko als Darlehensgeber ein (leicht) höherer Zinssatz gewährt werden, als eine Geschäftsbank ihn verlangen würde, oder ist der Verkäufer im Gegenteil bereit, deutliche Abschläge gegenüber den Darlehenszinsen der Geschäftsbanken hinzunehmen, um dem Käufer den Erwerb wirtschaftlich zu ermöglichen? Soll die Zinshöhe variabel ausgestaltet werden und/oder soll für die künftigen Raten eine Wertsicherung z.B. durch Anknüpfung an den Verbraucherpreisindex vorgesehen werden? Jedenfalls bietet es sich im Sinne einer raschen Umschuldung an, dem Käufer die Möglichkeit einzuräumen, das Darlehen jederzeit ganz oder teilweise ohne Vorfälligkeitsentschädigung zurückzuführen, etwa wenn sich die Finanzierungskonditionen der Banken verbessern oder der Käufer über liquide Mittel z.B. aus einer Erbschaft oder einem Immobilienverkauf verfügt.
Die Beispiele verdeutlichen, dass es für Ratenzahlungskäufe zwischen Privatpersonen keine Musterlösungen gibt. Vielmehr mündet jeder Ratenzahlungskauf in eine individualisierte Kaufvertragsurkunde – der Notar ist für die damit im Zusammenhang stehenden rechtlichen Fragen (vor allem die Absicherung beider Parteien betreffend) der geeignete Ansprechpartner. Für die wirtschaftlichen Fragestellungen kann und sollte der Notar den Parteien Anregungen geben, um ihr Dauerschuldverhältnis wirtschaftlich ausgewogen zu gestalten; inhaltliche Vorgaben von notarieller Seite verbieten sich indes. Dass insbesondere der das Darlehen gewährende Verkäufer die gewünschten Regelungen im Vorfeld der Beurkundung auch mit seinem Steuerberater besprechen sollte, liegt auf der Hand. Vor allem wenn der Ankauf zwecks Vermietung/Verpachtung erfolgt, sollte indes auch der Käufer frühzeitig einen Steuerberater hinzuziehen.